Frauengeschichte(n)
Mit den Straßennamen im Wohngebiet Ketschendorfer Feldmark werden Frauen geehrt, die in ihrer Zeit in der Stadt Fürstenwalde/Spree bzw. der Gemeinde Ketschendorf eine bedeutende Rolle gespielt haben oder mit dem Land Brandenburg verbunden waren.
The street names in the Ketschendorfer Feldmark area honor women who played an important role in their time in the city of Fürstenwalde or the municipality of Ketschendorf or who were connected to the state of Brandenburg.
Annemirl Bauer
(1939-1989)
Annemirl Bauer, geboren in Jena, absolvierte die Fachschule für angewandte Kunst in Sonneberg, die Dresdner Kunstakademie sowie die Kunsthochschule Weißensee und wurde Meisterschülerin u. a. von Arno Mohr und Walter Womacka. Ab Ende der 1970er Jahre geriet sie zunehmend in Konflikt mit dem DDR-System und war Zielscheibe der Stasi. Sie setzte sich mit dem Thema Reisefreiheit, Grenzregime und Umweltverschmutzung auseinander und thematisierte das Verhältnis der Geschlechter. Die Künstlerin zog sich auf einen Hof in Niederwerbig bei Treuenbrietzen zurück. 1989 – kurz vor Maueröffnung – erlag sie einem Krebsleiden.
Charlotte Apel
(1908-2011)
Die Diakonisse Charlotte Apel wurde 1908 in Fürstenwalde geboren. Nach den Wirren des Krieges kam sie zurück in ihren Heimatort und wirkte hier auch über ihre Pensionierung im Jahr 1987 hinaus. Charlotte Apel gehörte als Gemeindeschwester mit Fahrrad und Tracht zum Stadtbild. Sie kümmerte sich um Alte und Kranke, begleitete Sterbende und war die gute Seele der St. Marien Domgemeinde. Die letzten Lebensjahre verbrachte Charlotte Apel im Katharina-von-Bora-Heim und starb dort im Alter von 102 Jahren.
Charlotte Fenske
(1913-2011)
In den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts arbeitete Charlotte Fenske illegal für die „Rote Hilfe“ und verteilte Flugblätter gegen die Vorbereitung des Krieges. 1936 wurde sie vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach der Wende stellte sie sich als Zeitzeugin zur Verfügung und unterstützte die Fürstenwalder Antifagruppe „Weiße Rose“ sowie Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in ihrem Bemühen, sich mit der Nazizeit auseinander zu setzen.
Edeltraut Soot
(1913-1984)
Die studierte Lehrerin war als Oberstudienrätin von 1940 bis 1952 an der Aufbauschule, danach an der Domschule tätig. Mit ihrer liberal-demokratischen Grundhaltung geriet sie in Widerspruch zur SED-Schulpolitik und wurde 1953 wegen „Boykotthetze und der Gefährdung der dem Frieden dienenden Ordnung der DDR“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt und erhielt dauerhaftes Berufsverbot. 1953 wurde sie auf Bewährung entlassen und lehrte bis zu ihrer Pensionierung in Mülheim/Ruhr, wo sie 1984 starb.
1992 wurde sie vom Bezirksgericht Frankfurt (Oder) rehabilitiert.
Elisabeth Brade
(1901-1982)
Elisabeth Brade kam vermutlich in den Kriegswirren aus ihrer schlesischen Heimat nach Fürstenwalde. Sie wohnte in Ketschendorf (Fürstenwalde-Süd) und war eine bekannte und beliebte Hebamme. Hier und in den angrenzenden Gemeinden war sie für Hausgeburten zuständig und half später auch auf der Entbindungsstation im Krankenhaus Bad Saarow. Mit ihrem Fahrrad und ihrem Hund gehörte sie zum Ortsbild.
Viele Frauen verdanken ihr gesunde Kinder und fachkundige Begleitung.
Emma Reich
(1857-1931)
Die Tochter des Fürstenwalder Tischlermeisters Maschke war ausgebildete Kindergärtnerin. Sie heiratete 1879 Markus Reich, der 1873 in Fürstenwalde die erste deutsche jüdische Taubstummenschule gegründet hatte.
Wegen der großen Nachfrage zog man 1889 mit der Schule nach Berlin-Weißensee. Emma Reich war dort für das Internat und die Verpflegung der Schülerinnen und Schüler zuständig.
Zeit ihres Lebens wirkte sie eigenständig an der Seite ihres Mannes. Beide gaben mit ihrem Lebenswerk gehörlosen jüdischen Kindern besonderen Lebensmut sowie Bildung und Ausbildung.
Frieda Engel
(1894-1977)
Frieda Engel, geborene Bernstein, stammte aus dem heutigen Polen. Sie heiratete den Fürstenwalder Lehrer Willy Engel. Diese Ehe schützte die Jüdin zunächst vor den Übergriffen der Nazis und der Deportation.
Im Jahr 1944 bereitete sie noch die Beerdigung ihres Mannes vor, musste dann aber untertauchen. Durch die Hilfe von Freunden erlebte sie das Kriegsende in Lommatzsch bei Dresden.
Schon 1945 kehrte sie nach Fürstenwalde zurück und
eröffnete ihr Fotogeschäft in der Gartenstraße. 1966 zog sie nach Bad Saarow.
Gertrud Fliegenschmidt
(1886-1970)
Gertrud Fliegenschmidt stammte aus Stettin. Sie heiratete 1909 Johannes Fliegenschmidt, Pastor in Rauen und Ketschendorf. Er hatte maßgeblich den Kirchenbau in der Schillerstraße vorangetrieben.
Das Ehepaar hatte fünf Kinder. Einzelheiten aus ihrem Leben und ein Foto sind nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass sie die Arbeit ihres Mannes aktiv unterstützte und damit großen Anteil am Aufbau der Kirchengemeinde in Ketschendorf hatte.
Gertrud Fliegenschmidt verstarb in Ludwigsdorf bei Görlitz.
Marie Grasnick
(1844-1907)
Marie Grasnick war Vorstandsmitglied des Fürstenwalder Frauen- und Jungfrauenvereins. Als Frau des Braueigners Otto Grasnick gehörte sie zum erfolgreichen Fürstenwalder Bürgertum.
Ihrem Engagement ist die Gründung des Marienheims, welches nach ihr benannt wurde, in der Alten Neuendorfer Straße zu verdanken, das 1895 als „Kleinkinderbewahranstalt“ eröffnet wurde und sich um die Betreuung von Kindern arbeitender Familien kümmerte. Ihr zu Ehren stiftete ihr Mann den gleichnamigen Brunnen in der Eisenbahnstraße.
Lily Braun
(1865-1916)
Die Generalstochter Lily von Kretschmann heiratete in zweiter Ehe den sozialdemokratischen Politiker und Publizisten Heinrich Braun. Sie trat früh der SPD bei und wurde eine der Führerinnen der deutschen Frauenbewegung.
Im Laufe ihrer politischen Karriere versuchte sie, zwischen der bürgerlichen und der proletarischen Frauenbewegung zu vermitteln, wurde dafür aber von beiden Seiten scharf kritisiert. Sie hielt mehrfach öffentliche Reden, auch in Fürstenwalde, und setzte sich in ihren Werken (Die Frauenfrage und Memoiren einer Sozialistin) für die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Mutterschaft ein. Bis zu ihrem Tod lebte die Schriftstellerin, Journalistin und Frauenrechtlerin
in Kleinmachnow.
Weitere Ziele
Kabelwerksiedlung (590 m)
Zur Tafel der Kabelwerksiedlung und Siegfried Hirschmann folgen Sie dem Gertrud-Fliegenschmidt-Weg und der Elisabeth-Brade-Straße bis zur Bahnhofstraße. Wenn Sie dort links gehen, erreichen Sie die Tafel an der nächsten Ecke. Sie können alternativ auch den Weg durch die Kabelwerksiedlung nehmen.
Martin-Luther-Kirche (830 m)
Die Kirche, welche Bezüge zur Familie Fliegenschmidt hat, erreichen Sie, indem Sie den Gertrud-Fliegenschmidt-Weg bis zur Krausestraße gehen und dort links abbiegen. Der Krausestraße folgen Sie bis zur Poststraße und biegen nach rechts ab. Die Poststraße und die August-Bebel-Straße gehen Sie geradaus weiter bis zur gegenüberliegenden Schillerstraße. In dieser Straße befindet sich die Kirche.