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Sowjetisches Speziallager Nr. 5 - Ketschendorf

Straße der Einheit 2024 (Bild: Stadt Fürstenwalde/Spree)
Platz der Republik 2024 (Bild: Stadt Fürstenwalde/Spree)

Im Jahr 1940 wurden für die nahegelegenen Kabelwerke eine neue Siedlung entlang der heutigen Straße der Einheit errichtet. Die „DEKA-Siedlung“ ist Kern der heutigen Reifenwerksiedlung.

DE Das Speziallager Nr. 5 existierte von April 1945 bis März 1947. Insgesamt waren dort etwa 10.500 Menschen interniert, von denen mindestens 4.722 aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen starben.

 

EN The special camp No. 5 existed from April 1945 to March 1947. In total, about 10,500 people were interned there, of which at least 4,722 died as a result of the inhumane conditions of detention.

 

PL Obóz Specjalny nr 5 istniał od kwietnia 1945 do marca 1947. Internowanych było tam około 10 500 osób. Co najmniej 4 722 sposród nich zgineło z powodu nieludzkich warunków przetrzymywania.

Karte des Lagers
Der äußere Stacheldrahtzaun (Ulrich Leuschner)

Im Frühjahr 1945 ordnete der Alliierte Kontrollrat an, Personen zu internieren, die das NS-System aktiv unterstützt haben. In der sowjetischen Besatzungszone internierte man auch Personen, die vermeintlich Feinde der Sowjetunion waren. Ende April 1945 errichtete die sowjetische Besatzungsmacht in der DEKA-Siedlung, gebaut für etwa 500 Menschen, das Speziallager Nr. 5 Ketschendorf. Die Bewohnerinnen und Bewohner wurden vertrieben, die Wohnungen geräumt. 

Nach und nach wurden etwa 10.500 Menschen eingepfercht, umgeben von Bretter- und Stacheldrahtzäunen, streng bewacht und ohne Kontakt zur Außenwelt. Die Häftlinge waren zwischen 12 und 75 Jahre alt, unter ihnen 1.500 Jugendliche. Streng isoliert waren in drei Häusern 500 Frauen untergebracht. Keine der festgehaltenen Personen war verurteilt. Die Angehörigen wussten nichts von ihrem Verbleib.

Die Enge in den Räumen war unerträglich – bis zu 50 Menschen auf 20 m². Sie schliefen auf dem blanken Boden, auch in Kellern und auf Fluren. Tag und Nacht trugen sie die Sachen, die sie bei der Einlieferung anhatten. Ersatz gab es nicht. Tröge im Freien waren die einzige Waschgelegenheit. Im Winter gab es eine Schüssel Wasser für eine Stube. Stundenlange tägliche Appelle quälten die Menschen. Arbeit gab es nicht. 

In zermürbender Langeweile und Hoffnungslosigkeit schleppten sich die ewig hungrigen Häftlinge durch die Zeit. Die Ernährung – Wassersuppe und nasses Brot – war völlig unzureichend. Flöhe, Läuse und Wanzen plagten die Menschen. Sie litten an Geschwüren und Eiterbeulen. Die ausgemergelten Körper konnten Krankheiten nicht standhalten. Täglich wurden Tote aus dem Lager gebracht und in Massengräbern verscharrt.

Essenausgabe (Ulrich Leuschner)
Letzter Weg (Ulrich Leuschner)

Im Februar/März 1947 löste die sowjetische Besatzungsmacht das Speziallager Nr. 5 Ketschendorf auf. Die Überlebenden kamen jedoch nicht in Freiheit, sie wurden auf die Lager Jamlitz, Mühlberg, Fünfeichen, Sachsenhausen und Buchenwald verteilt. Bereits im Januar 1947 wurden als arbeitsfähig geltende Männer in Arbeitslager nach Sibirien transportiert.

Erste Entlassungen erfolgten 1948. Den Entlassenen wurde ein Schweigegebot über die Haftbedingungen auferlegt. In der DDR war das Thema tabu.

Das Lagergelände übergab man den deutschen Behörden – ohne auf die Massengräber hinzuweisen. Auf diese stieß man erst bei Bauarbeiten 1952/53. Die sterblichen Überreste wurden unter strenger Geheimhaltung ausgegraben. Sie fanden auf dem Waldfriedhof Halbe eine Ruhestätte. Dort wurden sie unzutreffend gekennzeichnet als „Unbekannte † April 1945“.

Initiativgruppe Internierungslager Ketschendorf/Speziallager Nr. 5 e. V.

Zum 8. Mai 1990 luden Überlebende des Lagers zur ersten öffentlichen Gedenkfeier ein. 2.000 Menschen nahmen daran teil. Damit endete das verordnete Schweigen über das Lager. 

Die Initiativgruppe Internierungslager Ketschendorf wurde Verein. Er lädt jährlich zu einer Gedenkveranstaltung ein. Mit Unterstützung der Stadt Fürstenwalde/Spree und des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge errichtete er am Ort der Massengräber eine Gedenkstätte. 

Nach Freigabe der Namenslisten durch russische Behörden konnte der Verein erstmals Namen und Anzahl der Internierten dokumentieren und Angehörigen Auskunft geben. Von etwa 10.500 Häftlingen starben mindestens 4.722. An sie erinnern Namenstafeln auf dem Waldfriedhof Halbe und das 2014 herausgegebene Totenbuch. So erhalten die Opfer des Lagers nach Jahrzehnten des Schweigens ihre Namen und ihre Würde zurück.

 

Gedenkfeier, 1990
Gedenkstätte (Bild: Stadt Fürstenwalde/Spree)

Die Gedenkstätte befindet sich südlich der Siedlung, nahe der Autobahn. Um sie zu erreichen, folgen Sie der Ausschilderung.

 

Initiativgruppe Internierungslager Ketschendorf – Speziallager Nr. 5 e. V.

Anschrift Frankfurter Straße 4

Link Homepage

 

 

In der Nähe

 

Zug Fürstenwalde (Spree) Süd (330 m)

Bus Spree-Campus (150 m)

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Schule Spree-Campus (120 m)

Anschrift Beeskower Chaussee 10-12

 

 

Weitere Ziele

 

Info Kabelwerksiedlung (230 m)

 

Zur Informationstafel für die Kabelwerksiedlung und Siegfried Hirschmann gelangen Sie, wenn Sie vor zur Beeskower Chaussee und dort nach links gehen. Dann gehen Sie immer geradeaus, über den Bahnübergang bis zur Ampel. Die Tafel befindet sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

 

Info Gerhard-Goßmann-Schule (500 m)

 

Wenn Sie zur Schule wollen, gehen Sie vor zur Beeskower Chaussee und dort nach links. Gehen Sie immer geradeaus bis über den Bahnübergang. Biegen Sie dort nach links in die Siegfried-Hirschmann-Straße ab. Die Schule befindet sich auf der rechten Seite hinter dem Einkaufszentrum.