Ottomar-Geschke-Platz
Kein anderer Ort in Fürstenwalde spiegelt mit seinen Namen und Denkmalen so sehr den gesellschaftlichen und politischen Wandel wider.
With its names and memorials no other place in Fürstenwalde reflects the social and political changes as much as this one.
Außerhalb der damaligen Stadtgrenzen, vor dem früheren Müncheberger Tor, ist seit dem 16. Jahrhundert ein Hospital belegt. Nördlich davon lag der Hospitalfriedhof. Das Hospital enthielt später zwölf Zellen und einen Gemeinschaftsraum. 1820 wurde es grundlegend erneuert. In diesem Zusammenhang wurde der Friedhof aufgegeben und ab 1822 als Trockenplatz genutzt – jedoch waren bis in die 1930er Jahre Grabmale vorhanden. Später diente der Bereich als Baumschule.
Im Zuge der Industrialisierung und der Gründerjahre rückte der ehemals vor den Toren der Stadt gelegene Platz ins Zentrum der Stadt und damit auch ins Zentrum des Interesses der Bevölkerung. 1892 wurde das Spital abgebrochen, auch die in der Nähe liegende Scharfrichterei, gleichzeitig Abdeckerei, verlor ihre Bedeutung, denn die Fürstenwalder Bürgerschaft beschloss eine repräsentative Platzneugestaltung.
Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Platz an der Stelle des Hospitals zweigeteilt: Es entstand der südliche Denkmalplatz und der nördliche Hospitalplatz. Mit der Enthüllung der Büsten für Kaiser Wilhelm I. und Kaiser Friedrich III. am 3. September 1883 wurde daraus der „Kaiserplatz“.
Der Schmuckplatz wies zahlreiche Großgehölze sowie intensiv gepflegte Hecken und Rabatten auf und bildete einen Kontrast zum dicht bebauten Umfeld.
Bereits 1885 bis 1887 war auf dem Denkmalplatz - ganz dem Zeitgeschmack entsprechend - ein Kriegerdenkmal errichtet worden, das die Ereignisse von 1864, 1866 und den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 verherrlichte. Dabei thronte Germania über Vertretern aller Waffengattungen.
Im Jahr 1910 geriet das Kriegerdenkmal unversehens in das Rampenlicht der Öffentlichkeit: Angeheiterte Jugendliche hingen der Germania einen Rettungsring um den Hals, den sie von der Spreebrücke hatten mitgehen lassen. Dies wurde ein Politikum. „Deutschland steht das Wasser bis an den Hals.“ kommentierte die Presse. Dieser Vorfall gab die Anregung zu dem weltbekannten und verfilmten Roman von Heinrich Spearl „Der Maulkorb“.
Im Jahr 1927 entstand ein Mahnmal für die Gefallenen des Weltkriegs auf dem inzwischen als „Platz der Republik“ bezeichneten Platz. In der Mitte des Backsteinbauwerks stand eine Pyramide aus Granaten. Im Jahre 1933 wurde der Platz zum „Denkmalsplatz“. Diesen Namen trug ursprünglich nur der südliche Bereich.
Nach 1945 wurde die Granatenpyramide aus dem Mahnmal entfernt. Neben weiteren kleineren baulichen Veränderungen wurden auch die Gedenkplatten ausgetauscht. Das Mahnmal wurde nun den Opfern des Faschismus gewidmet. Entsprechend wurde auch der Platz in „Platz der Opfer des Faschismus“ umbenannt. Auch die Kaiserbüsten verschwanden.
Im westlichen Bereich des Platzes fanden 569 Soldaten der Roten Armee ihre letzte Ruhestätte. Sie fielen in Kämpfen in und um Fürstenwalde oder in deren Folge. Der Platz war von nun an regelmäßig Schauplatz für Gedenk- und andere politische Veranstaltungen. Am Platz hatte auch bis nach 1990 die sowjetische Kommandantur ihren Sitz.
Im Jahre 1957 wurde der Platz letztmalig umbenannt: Er wurde dem kurz zuvor verstorbenen Politiker Ottomar Geschke gewidmet. Der in Fürstenwalde geborene Geschke war seit 1919 Mitglied der KPD, Reichstagsabgeordneter und während der Nazi-Herrschaft jahrelang in Konzentrationslagern interniert. Nach 1945 war er unter anderem Stadtrat für Sozialwesen in Berlin.
Ab Mitte der 1970er Jahre fanden umfassende Umgestaltungen statt: Die Grabfelder im Westen wurden mit niedrigen Mauern gefasst und bepflanzt, die Wege neu gepflastert. Im größten Grabfeld entstand eine Gedenkmauer für die Soldaten mit dem zentralen Schriftzug „СΛΑΒΑ ΓΕΡΟЯΜ“ (Ruhm den Helden), gerahmt von zwei Kunststeinplatten mit der (unvollständigen) Aufzählung der hier Bestatteten. Die feierliche Einweihung fand am 7. November 1977, dem 60. Jahrestag der Oktoberrevolution, statt.
Anfang der 1980er Jahre wurde die Umgestaltung fortgesetzt: Das Mahnmal für die Opfer des Faschismus verschwand und dafür entstanden eine Tribüne und ein Denkmal für die antifaschistischen Widerstandskämpfer. Nach Norden wurde der Bereich durch Wandelemente abgeschlossen, welche im Volksmund „Klagemauer“ genannt wurden.
Zu Ehren Ottomar Geschkes wurde eine Büste aufgestellt und anlässlich seines 100. Geburtstags fand am 16. November 1982 die feierliche Einweihung des Ensembles statt.
Auf der Südspitze kam eine ca. vier Meter hohe Installation hinzu, die mit dem Spruch „Fürstenwalde - Stadt der Reifenwerker“ auf das Pneumant-Reifenkombinat, einen der wichtigsten Betriebe der Stadt hinwies.
Die letzte größere Umgestaltung des Platzes erfolgte im Jahr 2006. Hierbei war es Ziel, die in die Jahre gekommenen, größtenteils unter Denkmalschutz stehenden Elemente zu erneuern und durch qualitative Aufwertung des Umfeldes auch die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Dazu wurden die Kunstobjekte und Grabfeldeinfassungen aus Beton saniert, die Wege neu gepflastert und mit neuen Bänken bestückt. Ferner wurden diverse Bäume, Sträucher und Bodendecker gepflanzt sowie die großen Rasenflächen neu angelegt bzw. saniert. Auffälligste Maßnahmen waren jedoch der Rückbau der Tribüne und der 56 m langen und von der Robert-Havemann-Straße aus 2,62 m hohen Wandelemente hinter dem Denkmal.
Im Jahr 2019 wurden in Abstimmung mit der russischen Botschaft und der Denkmalschutzbehörde vor der Gedenkmauer insgesamt 20 Gedenkplatten mit den Namen aller 569 in der Gräberliste aufgeführten hier bestatteten Sowjetsoldaten installiert. Sie kamen überwiegend bei den heftigen Gefechten in den Tagen zwischen dem 17. und 25. April 1945 zu Tode oder starben in den darauffolgenden Tagen an ihren Verletzungen.
Am 1. September 2020 fand am Antikriegstag das gemeinsame Gedenken deutscher und russischer Vertreter*innen zum 75. Tag der Befreiung statt. In allen Reden wurde betont, dass die Kriegsgeschehnisse niemals vergessen werden dürfen und auch die Nachgeborenen mahnen, entschieden gegen Rassismus, Antisemitismus, gegen totalitäre Ideologien und Kriegstreiberei aufzustehen.
In der Nähe
Am Stern (10 m)
Kaiserhof (40 m) Am Kaiserhof 1 |
Kino Union (140 m) Berliner Straße 10 |
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Weitere Ziele
Der Stern (80 m)
An der Südspitze des Doppelplatzes befindet sich eine Hinweistafel zur Geschichte des Bereiches.
Evangelisch-Lutherische Kirche (140 m)
Am nordwestlichen Ende des Ottomar-Geschke-Platzes befindet sich das Kirchengebäude. Gehen Sie einfach die Dr.-Wilhelm-Külz-Straße entlang.
Städtisches Gymnasium (80 m)
Das imposante Schulgebäude finden Sie östlich des Platzes an der Eisenbahnstraße.
Synagoge (190 m)
Zur ehemaligen Synagoge kommen Sie, wenn Sie an der Ampelkreuzung in die Frankfurter Straße gehen. Das Gebäude und die Informationstafel befinden sich auf der linken Straßenseite.